junge burg: bonnie und clyde

Thomas Richhardt

‹Junge Burg: Bonnie und Clyde›


Im Vestibül quer durch Amerika – und dem berühmtesten Gangsterpärchen dicht auf den Fersen! TeilnehmerInnen der Jungen Burg begeben sich auf die Spuren von Bonnie und Clyde: Von 1931 bis zu ihrem Tod 1934 hielten die beiden das Land in Atem: sie raubten Banken aus, überfielen Geschäfte und töteten mehr als ein Dutzend Menschen, die Polizei schien machtlos.


Die vier Teilnehmer des diesjährigen Theaterjahrs machen aus dem Stück von Thomas Richhardt ein Stück Theater wie es sein soll: berührend, komisch, intelligent und unterhaltsam. Der Abend rockt.

Auch, weil das Quartett Schlagzeug, E-Gitarre und Bass spielen und singen kann. Etwa Bonnie Parkers persönliche Ballade über ihre Eskapaden.

Mit Spaß und Spiellust gestalten Verena Altenberger, Sophie-Christine Behnke, Mathias Dachler und Tim Czerwonatis mehrere Figuren. Vor allem Letzterer, er ist auch Clyde, ist ein Riesentalent. Egal, ob er als überforderter Police Officer ulkt, oder ihm angesichts des Endes Tränen über die Wangen laufen - in der ersten Reihe Vestibül sieht man leicht: Der ist"echt".

Dazwischen treten die Darsteller aus ihren Rollen, docken mit Sätzen über die Banken als Symbol sozialer Ungerechtigkeit, mit Gedanken über die Working Poor, Arbeitslosigkeit und Börsencrash ihr Spiel am Heute an. "Wo ist der Eingang ins Leben?", fragt Czerwonatis stellvertretend für seine Generation.

Regisseur Peter Raffalt, der mit Frau Annette das Kinder- und Jugendprogramm des Hauses leitet, hat dazu ein tolles Bühnenbild mit von Kugeln durchsiebtem Auto und Originalfotos geschaffen. Eine Empfehlung. (Kurier)


Im Vestibül hatte eine unbekümmerte, manchmal coole und manchmal leidenschaftliche Inszenierung dieses Stoffes Premiere. Die einfache Fabel wurde von Regisseur Peter Raffalt zügig in 75 Minuten umgesetzt, ideenreich genug, um nicht zu ermüden, nicht überladen, aber differenziert. Die Song-Einlagen mit Gitarre und Schlagzeug sind erfrischend, die Einspielungen von Originalfotos aus Arthur Penns großartigem Film von 1967 mit Fay Dunaway und Warren Beatty schlüssig. Bilder aus der berühmten Schlussszene werden gezeigt, als das Paar in Zeitlupe im Kugelhagel stirbt, eine Schlüsselszene für „New Hollywood“. [...]

In einem kleinen Vorspiel wird klargemacht, dass es Bezüge gibt zwischen der No-Future-Generation von heute und jener aus der Großen Depression. Die vier Schauspieler treten vor die Tribüne mit den Zusehern und erzählen vom heutigen Durchschnittsleben, von Finanzkrise, Klimawandel, Globalisierungsängsten. „Wir sind Durchschnitt“, lautet die Botschaft, „die Zeit ist immer mies.“ Korrupte Banker, Arbeitslosigkeit, Landflucht hin zu den Ratten in der Stadt – eine simple aber wirksame Einstimmung in die alte Geschichte.

Und schon befinden wir uns im Süden der USA, in den Jahren 1931 bis 1934, als Bonnie und Clyde raubend und mordend durch die Vereinigten Staaten zogen, eine Spur der Verwüstung legten, ehe sie von einer Elite-Einheit der Texas Ranger in einem Hinterhalt liquidiert wurden. Dass es so kommt, ist bekannt. Die Regie macht es von Anfang an deutlich. Das blaue Cabrio, an dem sich das Pärchen kennenlernt, ist bereits von Kugeln durchsiebt, die Protagonisten und auch Verena Altenberger sowie Mathias Dachler als Buck bzw. Blanche Barrow verweisen immer wieder auf das künftige Geschehen. Sie entwickeln dabei eine schöne Bandbreite. Behnke und Czerwonatis überzeugen mit Coolness, aber auch mit Aggression; Altenberger bringt Sensibilität ein, Dachler komödiantisches Talent.

Höhepunkt ist eine Slapstick-Szene. Die Barrow-Bande sitzt im Fluchtauto. Licht aus, Licht an. Das Auto ist nun der Streifenwagen, zwei Schauspieler haben Polizeikappen auf, zwei ducken sich in die Sitze. Mit Auf- und Abblenden wird eine Verfolgungsjagd simuliert, das ist bestens choreografiert, das Publikum geht begeistert mit. Aber nach Szenen der Ausgelassenheit, nach stilisierten Gefechten und einem Video, das Gott und den Papst und die Welt persifliert, gibt es Momente der Stille und reine Lyrik. Am Schluss steht Lakonie: Der Texas Ranger beginnt den Countdown. In 37 Sekunden sind die Antihelden tot. Am Ende siegt die unerbittliche Ordnung über die böse Anarchie. (Die Presse)


Die diesmal vier Darsteller der 19 Rollen greifen zu E-Gitarren und Trommelschlägeln. Rock, Pop, Beat. Jähe Kostümwechsel für Bocksprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit, zwischen Jägern und Gejagten. Mütze auf, Gesichtsmuskel umgespannt – und die Gangster rasen in einer irrwitzigen Szenenfolge als Polizisten sich selber hinterher. Tim Czerwonatis und Mathias Dachler zum Brüllen!

Als Barrow-Brothers beginnen sie forsch wie Abiturienten und heben ab in juvenile Weltverlorenheit. Sophie-Christine Behnke meistert die schwatzhafte Verbrechenszeugin besser als Bonnie, die kalte Killerin. Mental Breaks. Im Traditionsfach der Weiblichkeit, als fürsorgliche Schwägerin Clydes, tut sich Verena Altenberger leichter.

Dem Vorwurf der "Verherrlichung von Gewalt", der schon Arthur Penns Film traf, ist mit didaktischer Ironie vorgebaut: Wo der Automotor zu vermuten wäre, verbirgt sich eine Vitrine volle B&C-Devotionalienkitsch. Die Verbrecher gehen leer aus, aber sie sterben nicht ohne Stolz auf ihren Mut, ihre jugendliche Arroganz und ihre Liebe zueinander. Das Schlussbild an der Leinwand: ein Herz, das so langsam verbrennt wie der Zuckerhut über einer Feuerzangenbowle. In solchen Projektionen begleiten Manuela Freigang und Robin Weigelt das Drama der todgeweihten Geldsucher mit skurril und schwermütig animierten Video-Stills. (Wiener Zeitung)


Mit vier jungen Talenten hat nun Peter Raffalt Thomas Richards’ Stück erarbeitet und mit viel Witz, Gefühl, Slapstick und Nostalgie in Szene gesetzt. Fotos von Leben und Tod des gejagten Liebespaares verschmelzen mit dem realistischen Spiel vor dem Publikum: Dabei schlüpft das Quartett Sophie-Christine Behnke (Bonnie Parker), Tim Czerwonatis (Clyde Barrow), Verena Altenberger (Blanche Barrow) und Mathias Dachler (Buck Barrow) nicht nur in die Rollen der Gangster, sondern auch ins Gewand der Verwandten, der Opfer, Verfolger (der Polizisten und Kopfgeldjäger).

Die Lust an der Verkleidung, die Lust an der Verwandlung in andere Charaktere und Typen wird bei den Vieren vor allem in heiterer Weise spürbar. Und wenn es mit dem Lieben und dem Leben nicht so glatt geht, greifen sie sich Musikinstrumente und Mikrophon und frönen lautstark dem musikalischen Jugendkult. Ideal und mit Fantasie eingerichtet ist der Raum für die mitunter wirklich rasante (und gelungene) Aufführung: Manuela Freigang (Bühne) hat einen schrottreifen Karren ins Vestibül geschleppt und auch sonst noch so manche Überraschung parat.

Diesen Theaterabenteuerspielplatz erobern sich Behnke, Altenburger, Czerwonatis und Dachler mit erstaunlicher Wandlungsfähigkeit und jugendlich-frechem, aber sympathischem Überschwang: Sie spielen mit einer Leichtigkeit des Bühnendaseins, die auf großen Brettern leider oft mit den Jahren schwindet. (Kronen Zeitung)


Gezählte 37 Schüsse beenden im Vestibül des Burgtheaters die Karriere von Bonnie und Clyde, dem legendären Verbrecherpaar. Jung, sexy und gefährlich, wie sie waren, erscheint es nur passend, die Barrow-Gang (Clydes Bruder Buck und dessen Frau Blanche) als Rockstars auf die Bühne zu bringen. Aus vier jungen Teilnehmern des Theaterjahrs [...] hat Regisseur Peter Raffalt seine Band für Thomas Richhardts Adaption der Gangsterstory zusammengestellt.

Immer wieder greifen sie zu Drumsticks, Bass und Gitarre, um ein Gedicht von Bonnie Parker (Musik: Matthias Jakisic) zu interpretieren. Auf eine schmutzige Leinwand projizierte Bilder verdeutlichen den Status der Protagonisten als Ikonen. Zusätzlich Tempo und Witz bezieht das Stück durch das ständige Wechselspiel zwischen erzählter und direkter Figurenrede. [...]

Die Hinzunahme einer weiteren Akteurin führt indessen dazu, dass Verena Altenberger (in mehreren Rollen) etwas unterinszeniert wirkt. Tim Czerwonatis (Clyde) und Mathias Dachler (Buck) sprühen hingegen vor Energie, während Sophie-Christine Behnke (Bonnie) in einer Nebenrolle als biedere Zeugin ihr komödiantisches Talent am besten zur Geltung bringen kann. Ein weiterer Star des Abends ist aber ein auf die Spielfläche geparktes Auto (Bühne: Manuela Freigang). Dieses trägt nicht nur stets den abschließenden Kugelhagel in sich, sondern ist auch das Vehikel für eine großartige Verfolgungsjagd, während der rasant zwischen Jägern und Gejagten hin und her geschnitten wird. Das fetzt. (Der Standard)